Lorimer Moseley ist ein australischer Physiotherapeut und Schmerzspezialist. David Butler ist ebenfalls Physiotherapeut und hat eine außerordentliche Professur an der University of South Australia inne. Seine Arbeit konzentriert sich darauf, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Schmerzen mit praktischen klinischen Strategien zu verknüpfen. Moseley und Butler sind der Ansicht, dass viele Menschen falsche Vorstellungen über Schmerzen haben, die zu deren Aufrechterhaltung und Verschlimmerung beitragen können. Gemeinsam haben sie das Konzept "Explain Pain" entwickelt, um den Menschen zu helfen, die komplexe Natur des Schmerzes und die ihm zugrunde liegenden Mechanismen zu verstehen. Es stützt sich auf umfangreiche Forschungsarbeiten und zielt darauf ab, den Menschen genaue, evidenzbasierte Informationen über Schmerzen zur Verfügung zu stellen, um sie in die Lage zu versetzen, ihre Schmerzen wirksam zu behandeln.
Der zentrale Gedanke hinter "Explain Pain" ist, dass Schmerz nicht nur ein Ausdruck von Gewebeschäden oder Verletzungen ist, sondern vielmehr eine vielschichtige Erfahrung, an der das Gehirn und das Nervensystem beteiligt sind. Durch die Vermittlung eines klaren und wissenschaftlich fundierten Verständnisses von Schmerzen kann es den Menschen helfen, ihre Wahrnehmung und Überzeugungen bezüglich Schmerzen zu ändern, was zu verbesserten Ergebnissen in der Schmerzbehandlung führt.
Eines der wichtigsten Prinzipien von "Explain Pain" ist das Konzept der Neuroplastizität. Das Gehirn ist in der Lage, sich im Laufe der Zeit zu verändern und anzupassen, und dies gilt auch für die Wahrnehmung von Schmerzen. Wenn Menschen mehr über die Faktoren erfahren, die die Schmerzwahrnehmung beeinflussen, können sie aktiv Strategien anwenden, die positive neuroplastische Veränderungen fördern, was letztlich zu einer Verringerung der Schmerzen und einer Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens führt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt von "Explain Pain" ist das biopsychosoziale Modell. Dieses Modell erkennt an, dass Schmerzen nicht nur von körperlichen, sondern auch von psychologischen und sozialen Faktoren beeinflusst werden. Emotionaler Zustand, Gedanken, Überzeugungen und soziale Interaktionen können sich alle darauf auswirken, wie wir Schmerzen erleben und interpretieren. Wenn wir diese verschiedenen Dimensionen berücksichtigen, können wir einen umfassenderen Ansatz für die Schmerzbehandlung entwickeln.
Im Rahmen des Konzepts "Explain Pain" spielt die Aufklärung eine wichtige Rolle. Dabei geht es darum, den Menschen genaue und aktuelle Informationen über die Mechanismen des Schmerzes, seine Entstehung und Strategien für einen wirksamen Umgang mit ihm zu vermitteln. Wenn man versteht, dass Schmerzen nicht immer ein genauer Indikator für Gewebeschäden sind, kann der Einzelne seinen Fokus von der Suche nach rein strukturellen Lösungen auf einen ganzheitlichen und proaktiven Ansatz zur Schmerzbehandlung verlagern.
Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Konzept "Explain Pain" nicht darauf abzielt, die Realität des Schmerzes zu verharmlosen oder zu verleugnen, sondern den Einzelnen zu befähigen, eine aktive Rolle bei der eigenen Genesung zu übernehmen. Es fördert die Zusammenarbeit zwischen medizinischen Fachkräften und Patienten sowie einen multidimensionalen Ansatz, der biologische, psychologische und soziale Faktoren berücksichtigt.
Hier eine Zusammenfassung von 4 Schlüsselprinzipien des "Explain Pain"-Ansatzes:
Schmerz ist ein Schutzmechanismus: Schmerz ist nicht einfach eine direkte Widerspiegelung einer Gewebeschädigung, sondern vielmehr eine komplexe Reaktion des Gehirns. Er dient als Schutzmechanismus, um dem Körper eine tatsächliche oder potenzielle Bedrohung zu signalisieren.
Schmerz wird von mehreren Faktoren beeinflusst: Die Schmerzwahrnehmung kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, darunter biologische, psychologische und soziale Faktoren. Emotionaler Zustand, Überzeugungen, frühere Erfahrungen und der Kontext können eine Rolle dabei spielen, wie Schmerzen erlebt werden.
Die Rolle des Gehirns bei Schmerzen: Das Gehirn spielt eine wichtige Rolle bei der Schmerzerfahrung. Es empfängt und verarbeitet Informationen aus verschiedenen Quellen und erzeugt das Schmerzerlebnis auf der Grundlage des wahrgenommenen Bedrohungsgrads.
Veränderung der Schmerzwahrnehmung: Durch das Verständnis der Faktoren, die zur Schmerzwahrnehmung beitragen, können Betroffene Strategien erlernen, um ihr Schmerzerleben zu verändern. Dazu kann es gehören, die mit dem Schmerz verbundenen Ängste und Befürchtungen zu verringern, die Überzeugungen über den Schmerz zu ändern und geeignete Bewältigungstechniken anzuwenden.
Nicht vergessen: Es ist immer ratsam, sich von einer qualifizierten medizinischen Fachkraft individuell beraten zu lassen, um die eigene Schmerzsituation zu bewältigen.